Gesundheit und Kraft dank kaltgepresster Öle, Antonius Conte im Interview auf der Plattform für grünes Leben LiveVERDE
Original: 12.01.2022 | Ein Interview geführt von Veronika Gruber | Bilder. Pixabay, Antonius Conte
In kaltgepressten Ölen steckt viel Gutes: Mehr Vitamine, mehr essenzielle Fettsäuren, mehr Geschmack. Im Interview mit Antonius Conte erfährst du einiges über kaltgepresste Bio-Öle, seine Ideen für eine Weltküche und vieles mehr.
Im Gegensatz zu raffinierten Ölen durchlaufen kaltgepresste Öle einen schonenderen Herstellungsvorgang. Während durch den Einsatz chemischer Reinigungsprozesse bei der Raffination von Ölen viele wichtige Nährstoffe verloren gehen, weisen kaltgepresste Öle all diese Nährstoffe auf. Somit haben kaltgepresste Öle gegenüber raffinierten Ölen eindeutig Vorteile für unsere Gesundheit – und sind zeitgleich um einiges schmackhafter.
Antonius Conte bietet mit seinem Unternehmen Naturkraftwerke kaltgepresste Öle, Muße, Tees, Kräuter und viele weitere gesunde, biologische Lebensmittel und Kosmetika an. Wir haben uns mit ihm unterhalten – über soziale und ökologische Verantwortung, über Kunst und Essen, und über Toleranz und Inklusion beim Kochen.
LifeVERDE: Antonius, du hast viele Jahre sehr naturverbunden im Nordosten Deutschlands gelebt, erst als Künstler, später als Heilpraktiker. Welche Erfahrung hat dich hierbei dazu inspiriert, deinen Mitmenschen gesunde, biologische und natürliche Lebensmittel nahezubringen?
Antonius Conte: Als Konsument war ich seit ich 24 war, also seit 1976, auf -wie man so schön sagt und sagte- auf dem Biotrip.
Natürlich hatte ich auch mit Giften zu tun, mit Genussgiften wie Rauchen etc., war also überhaupt kein Heiliger. Aber eins war immer logisch, zumindest war es mein Dichten und Trachten: das Essen sollte so natürlich wie möglich sein. Also BIO. Daran hat sich nie etwas geändert. In meiner Zeit als Künstler in Berlin dachte ich oft, dass, wenn ich eines Tages was anderes machen, es etwas mit Lebensmittel sein würde. Als nach der Wende in den frühen 90er Jahren die Kultur absoff, dachte ich darüber nach, was wohl primär ist, auch gesamtgesellschaftlich und historisch: Essen oder Kunst?
Warum wurde Kunst oft einfach weggespart? Geht nicht Kreativität und schöpferischer Mut, ungewöhnliche Frechheiten aller Art der braven Arbeit, dem „Ackern“ voraus? Wenn allerdings der Magen zu sehr knurrt, hat niemand mehr Muse, Einfälle oder Ideen. Aus diesen Gedanken und dem Waldleben auf Rügen erhob sich zuerst eine Ausbildung zum Heilpraktiker. Etwas später entstand daraus Naturkraftwerke als ein Autorenunternehmen, das ich immer als Fortsetzung meiner Auseinandersetzung mit Kunst verstand. Es ist die Zusammenführung dieser zwei Pole Essen und Kunst in einem Kreislauf.
Die Polarität von Kunst und Brot entspricht derjenigen von Geist und Materie und in Kreisform ist jeder Pol nicht vor oder hinter dem anderen. Das Zeichen war ein Aufruf in den 80iger Jahren an die Landwirtschaft für mehr Kreativität. Heute ist klar: Bauern sind Künstler! Ich bin damals diesem Ruf selber gefolgt: es war die Geburtsstunde von Naturkraftwerke.
Wie unterscheidet sich der Herstellungsprozess kaltgepresster Öle im Vergleich zu herkömmlichen Ölen?
Ich verfolge keinen Lehrauftrag und habe keine ausreichende Übersicht, um über „herkömmliche“ Öle zu sprechen. Ich kann sagen, was wir machen oder möglicherweise anders machen als viele. Da wir keine Massenproduktion verfolgen, können wir uns das erlauben: Wir lassen unsere Mühlen auf der untersten Geschwindigkeitsstufe laufen, haben zusätzliche Kühlmethoden entwickelt, können Sauerstoff- und Lichtkontakt ausschließen und auch Weichmachereinträge durch Kunststoffe vermeiden, indem in der Prozesskette praktisch alles aus Chromstahl ist.
Worum geht es bei der Rezeptsammlung „Weltküche“?
Mich hat es schon immer gereizt alles tabulos zu mixen und zueinander zu bringen. Voraussetzung: minimale rezeptive Fähigkeiten und etwas Geschmack. Es gibt Gesellschaften, bei denen es gewissermaßen das „richtige Essen“ gibt, es ist wie glauben an den „richtigen Gott“. Beispielsweise gewisse Italiener:innen. Alles was vom traditionellen Protokoll abweicht, ist undenkbar und entsetzlich. Mit der Weltküche wollte ich ein nachmodernes Chaos erzeugen, eine Experimentierwerkstatt, die vieles fördert und fast alles erlaubt. Dabei nicht von Experten erhoben, sondern von Laien, von jedermann/frau. Es geht um Alltäglichkeit und darum unkompliziert verschiedenste Kulturen, Gepflogenheiten, unterschiedlichste Auffassungen und Ideen zusammen an den Tisch zu bringen. Verachtung, Überheblichkeit und Besserwisserei zu neutralisieren zu Gunsten von Großzügigkeit, Vielfalt, Toleranz, Inklusion, Freundlichkeit und Freundschaft.
Inwiefern legst du bei der Herstellung der Produkte von Naturkraftwerke Wert auf soziale Nachhaltigkeit?
Meine Haltung ist assoziativ und kooperativ, ich habe nichts mit Herrschaftsdenken und Autoritarismus zu tun. Soziale Nachhaltigkeit ist in Bezug auf meine Praxis ein komisches Wort. Es passt für Konzerne oder größere Organisationen, die sowas dringend einrichten müssen. Als Kleinunternehmer kenne ich jede/n Mitarbeiter:in, Partner:in und Lieferant:in persönlich und suche immer Konsens, Win-win. Unsere Lieferketten sind unkompliziert und transparent und auf Kollegialität und Wohlwollen ausgerichtet. Es gibt seltene Ausnahmen, wo es anonym ist, z.B. für Nachtkerzensamen haben wir aktuell kein Projekt in unserem Netzwerk und beziehen sie notgedrungen aus dem Handel.
Die Ölmühle von Naturkraftwerke befindet sich im Züricher Oberland. Warum hast du dich gerade für diese Region als Standort für die Ölmühle entschieden?
Zufall. Aber es gibt nicht mehr so viele Orte in der Schweiz wie unser Firmenzuhause. Ein alleinstehendes, großzügiges Gebäude mit tollen, großen Räumen, ringsherum Wiese und Wald und das in der Nähe von Zürich.
Das Zuhause von NaturKraftWerke
Welche Ideen hast du für die Zukunft von Naturkraftwerke? Und findest du noch genug Zeit für deine Kunst?
Wir sind an einigen Entwicklungen dran, sehr spezifisch ist nichts: Zum Beispiel kompostierbare Verpackung, die alten Sorten noch weiter voranzubringen und den pfluglosen Mischfruchtanbau, den Baukasten „Gesundheit“ ausbauen und das Unverpackt-Sortiment, mehr schöne Öle und leckere Muse, wir wollen aktuell was mit Eicheln machen. Es sind fast immer Nischenprodukte, die mein Interesse wecken, Vergessenes und Unbeachtetes. Das Unscheinbare weckt meine Liebe. Die Umweltthemen treiben mich an. Cradle2Cradle inspiriert mich, Vollverwertung.
Dabei weiter die Firma zu einem sozialen Biotop werden lassen. Feministisch mit Antimobbing- und Antia********regeln, Selbstmanagement, etc.
Kunst mache ich bei jeder Gelegenheit, es gibt dann manchmal Kunstwerke, ja. Die Frage nach der Wirklichkeit treibt mich um, ich lese viel und möchte eine Bibliothek aufbauen. Das Ziel ist schon seit den 90er Jahren kein kommerzielles mehr. Oft entsteht gar nichts, nur heftiges Chaos. Ich erzeuge keine Ware, sondern spiele, experimentiere, und suche, suche eine Sprache, ohne ein wirtschaftliches oder überhaupt ein Ergebnis anzustreben.
Fotographie. PLANTING 2020 Klausur Corona / Serie «minor things», Abstraktes Bild aus getrockneten Küchenabfällen